Zwischen Abenteuern und Lebenslektionen
Es gibt Geschichten, die klingen wie aus einem Abenteuerroman. Solche, die sich so unglaublich anhören, dass sie die Grenzen zwischen Fantasy und Reality zu sprengen scheinen. Mein Storytelling besteht aus genau solchen Abenteuererzählungen und jede davon habe ich selbst erlebt, durchlebt, genossen und oft auch gefürchtet. Oftmals gewürzt mit einer kleinen Prise Wahnsinn, einer großen Portion Glück und einer Überdosis Lebenserfahrung.
Meine Smart Quote?
Es gibt Narben, die verblassen, und Lektionen, die bleiben. Manche Geschichten sind nicht nur Erinnerungen, sondern Beweise dafür, dass das wirkliche Leben erst am Rand der Komfortzone beginnt.
Da war ich im zarten Alter von 36. Lang ists her.
Ein Leben zwischen Wüsten, hoher See und heimischen Wäldern.
Ich segelte durch die australischen Whitsunday-Islands, wo türkisblaue Wellen sich wie die pure, endlose Freiheit anfühlten. Doch die Idylle täuschte oft. Im Norden Westaustraliens arbeitete ich auf einem Fischkutter als Deckhilfe. Als ich nach einer weiteren Nacht auf hoher See und getanem Spätdienst morgens aus der Koje kroch, stellte ich etwas beunruhigt fest, dass meine Fischerkollegen allesamt (es waren nur drei Mann) das Schiff mit dem Beiboot verlassen hatten und wahrscheinlich einen Frühschoppen im Pub in Karratha tranken, während ich auf dem Kahn gefangen blieb. Also griff ich eine Fischwanne aus Kunststoff, stopfte meine kompletten Habseligkeiten wie Brieftasche und CO hinein, warf die Wanne über Bord, und sprang in kurzer Hose hinterher. Erst als ich so um die fünfzig Meter geschwommen war, den Plastikzuber vor mir her pushend, fiel mir ein, dass ich mich in den gefährlichsten und lebensbedrohlichsten Gewässern des Kontinents befand. Was für ein Irsinn.
Also kämpfte ich mich weiter voran, denn es war ja eigentlich schlichtweg egal, ob ich zurückschwamm zum Fischkutter, oder es bis zum Ufer schaffte. Die tückischen Gewässer des Indischen Ozeans definieren sich durch Haie, Krokodile und die extrem tödlichen Box Jelly Fish, die bei Berührung mit ihren bis zu dreißig Meter langen Tentakeln vorerst extreme Schmerzen, dann Lähmungen und folglich den Tod auslösen. Es war Jelly-Fish Saison in der Region, jedoch: „I made it to the shore.“
Im Ningaloo Marine Park schnorchelte ich mit wilden, riesigen Walhaien und in Bunbury südlich von Perth mit ebenso wilden, neugierigen Delfinen. Beides sind es wohl Privilegien, die nur wenige Menschen je erleben. Leider waren nicht alle Begegnungen mit den Meeren und deren Tücken nur immer freundlicher Natur. In den Tiefen des englischen Kanals verlor ich beinahe einen Freund bei einem Tauchgang zu einem Schiffswrack. Das war eine Lektion, die mich Respekt vor der Natur und ihrer Unberechenbarkeit lehrte.
Schreiben, Schaffen, Sein
Aus diesen Erlebnissen entstanden an die sechzig Kurzgeschichten, Anekdoten und bislang auch zwei Bücher. Reflexionen eines Lebens, das nie stillstand. Ob ich nun zwischen Palmen an paradiesischen Stränden lag, in deren Schatten ich Kokosnüsse knackte, oder hierzulande Bäume pflanzte, unter denen nun die Nachgeburten meiner Kinder ruhen… Ich habe mehr über das Leben gelernt, als es ein Lehrbuch wohl je vermitteln könnte. Jedes Abenteuer, ob groß oder klein, prägt.
Retten, was zu retten ist.
Es war stets ein Tanz mit der Natur, manchmal rau, manchmal wunderbar. So zog ich ein verwaistes Kängurubaby groß, dessen Mutter tot am Straßenlang lag, während das Joey gerade dann aus dem Beutel guckte, als ich vorbei fuhr. Ich hielt, barg, rettete und zog es groß. Ebenso beobachtete ich, wie ein Babykrokodil aus einem von mir geklauten Ei schlüpfte. Das Neugeborene brachte ich dann natürlich zurück zu seinem Nest. Indes, das Muttertier, ein ausgewachsenes Salzwasserkrokodil der „Kategorie sehr groß und ebenso gefährlich“, lag nur dreißig Meter entfernt in der Sonne. Es war nicht nur sehr idiotisch von mir, dass ich das Ei dem Nest entnahm, um es einigen Touristen zu zeigen. Zudem hinterließ die im Ei enthaltene Flüssigkeit einen wochenlang anhaltenden penetranten Gestank, der mir heute noch unwohl in der Magengrube grummelt. Selbstverständlich machten die Touristen viele Fotos mit dem kleinen Tier in meiner Hand, ich indes nahm keines auf, sondern brachte den kleinen Dino, nachdem er die Schale aufgebrochen und geschlüpft war, unbescholten zum Nest zurück. Das Fazit? Klau besser keine Kroko-Eier.
Als kleiner Junge konnte ich einem neugeborenen Kälbchen das Leben durch Mund zu Mund Beatmung retten, und viele Jahre später war ich bei den Geburten meiner Kinder dabei, wobei ich drei Nabelschnüre durchtrennte.
Nicht alle Abenteuer und Lektionen waren einfach. Als kleiner Junge galt es sehr schwer verständliche Dinge zu lernen. Neugeborene Katzen an die Wand schlagen oder kleine Schweine kastrieren, waren grausame Erfahrungen, die das harte Leben auf dem Land manchmal einfordert. Im australischen Outback habe ich übrigens mehr Rindviecher verdursten und verrotten sehen, als so mancher aus der Stadt je eine echte Kuh zu Gesicht bekommen hat.
Grenzen überschreiten – buchstäblich
Australien umrundete ich nicht einmal, sondern dreifach. Mit dem Motorrad überquerte ich den endlosen Nullarbor und die Great Sandy Desert durchkreuzte ich in meinem Toyota Pickup. Ich war in Arnhemland, in der Gibson, der Great Sandy und der Pilbara oft allein aber nie wirklich einsam.
Mein Jibun Sagashi, mein Lebensweg führte mich in über 30 Länder auf vier Kontinenten, darunter Australien, Kanada, Indien, Taiwan, Vietnam, Papua Neu Guinea, Südkorea und Singapur, Hongkong, die Philippinen, Italien, Norwegen, Paraguay und so manches andere reisewerte Fleckchen Erde. Einmal verfing ich mich im Netz einer riesigen Golden Orb Spinne, die größer als meine Hand werden kann. Diese saß nur wenige Zentimeter von meiner Nase entfernt in ihrem goldenen Netz. Wir zeugten uns gegenseitigen Respekt und gingen spinnend unserer Wege.
Eine andere Begegnung war weniger spinnert, dafür aber mindestens ebenso beeindruckend. Beim Tauchen in 14 Metern Tiefe schluckte ein Giant Groper Fisch fast meinen ganzen Arm. Warum? Weil ich dachte, kleinen Riffhaien und anderen Fischen Weißbrot zu füttern sei eine gute Idee. Er fraß die Tüte gleich mit, und während wir uns gegenseitig überrascht anstarrten, entschied er, meinen Arm wieder auszuspucken.
Ungenießbar wohl.
Ein weiterer Beitrag zu einem geretteten Leben findet sich hier.